Im Eilzugtempo führen die Städte, mit der Begründung Unfallverhütung und Lärmschutz, auf ihren Strassennetzen Tempo 30 ein. Sie ignorieren dabei,
dass diese Geschwindigkeitsreduktion in Sachen Lärmschutz und Unfallverhütung keine spürbare Verbesserung bringt, auf der anderen Seite aber tausenden von Autofahrern Ärgernisse beschert. Offensichtlich steckt in dieser Massnahme der Irrglaube, die Bewohner ausserhalb der Städte könnten, ohne Einbusse an Lebensqualität, auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen. Den Stadtbewohnern stehen komfortable Fahrgelegenheiten im Zehnminutentakt zur Verfügung, um zur Arbeit zu gelangen, Einkäufe oder Gesundheitsbesuche zu tätigen, Ausbildungsstätten und Kulturveranstaltungen zu besuchen, einen Bahn-Verkehrsknotenpunkt zu erreichen oder Freunde zu besuchen. Diese gesellschaftlichen Aktivitäten sind für die Bevölkerung ausserhalb der Stadt ebenso lebensnotwendig und setzen Mobilitätsangebote vom Wohnort in der Stadt voraus. Ein vergleichbar dichtes, öffentliches Verkehrsnetz lässt sich in den Dörfern nicht verwirklichen, sodass selbst der Gang zur nächsten Post ein Privatfahrzeug erfordert.
Tempo 30 ist nicht gleich Tempo 30 existieren doch zwei allgemeine Geschwindigkeitsbegrenzungen mit völlig unterschiedlichen Regeln! Ob es sich um eine Tempo-30-Zone oder eine Tempo-30-Strecke handelt, lässt sich vor allem an der Signalisation erkennen. Während ein Strassenabschnitt mit Maximalgeschwindigkeit von 30 km/h durch eine runde 30er-Tafel mit rotem Rand gekennzeichnet ist, weist ein eckiges Schild mit der Bezeichnung «Zone» und der darunter angegebenen Geschwindigkeit auf eine Zone hin. Ein solches «Tor» steht jeweils bei der Ein- und der Ausfahrt einer Tempo-30-Zone.
Innerhalb einer Tempo-30-Zone gilt grundsätzlich Rechtsvortritt. Auf einer Tempo-30-Strecke hingegen gilt kein Rechtsvortritt und Fussgänger haben die gekennzeichneten Fussgängerstreifen zu benutzen. Anders als bei einer 30er-Strecke gibt es in einer 30er-Zone keine Fussgängerstreifen. Ausser z. B. bei Schulen, wo sie den Kindern den Vortritt sichern sollen. Denn, obwohl man die Strasse in der 30er-Zone überall überqueren darf, haben Autos, Motorräder und sogar Velos gegenüber den Fussgängern Vortritt! Das Gegenteil ist auf der 30er-Strecke bei Fussgängerstreifen der Fall.
Sind sich nicht ortskundige Fussgänger immer bewusst, in welcher Verkehrszone sie sich befinden, wenn sie beispielsweise mit einem ÖV in die Zone hineinfahren?
In der 30er-Zone wird auf zusätzliche verkehrsleitende Elemente wie Mittellinien, Velostreifen, Kreisel oder Lichtsignale verzichtet. Hingegen sind häufig Geschwindigkeit dämpfende Massnahmen anzutreffen. Solche kommen in Form von Parkfeldern oder Strassenerhöhungen nur in Tempo-30-Zonen und nicht auf Tempo-30-Strecken vor – derartig komplizierte Regelungen, verbunden mit den verwirrend bemalten Strassen, dürften häufig die Ursache von Unfällen sowie für die steigende Anzahl nicht bestandener Fahrprüfungen sein.
Eine umfassende im Jahre 2022 vom Bundesamt für Umwelt durchgeführte Studie belegt, dass die durchschnittliche Lärmbelastung, mit einer Herabsetzung der Höchstgeschwindigkeit von 50 auf 30 km/h, zu einer kaum spürbaren Reduktion der Lärmbelastung führt. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass bei reduzierter Geschwindigkeit der Motorlärm längere Zeit auf Hördistanz ist. Die Reduktion des Verkehrslärms ist im gegenwärtigen Zeitpunkt auch deshalb sinnlos, weil die steigende Anzahl von Elektrofahrzeugen zu einer sehr viel besseren Lärmreduktion führen wird, als die Geschwindigkeitsreduktion. Zudem werden durch Automobilisten verursachte Fehler beim Abbiegen, beim Rückwärtsfahren oder bei Unaufmerksamkeit durch die vermehrt vorhandenen Fahrassistenten in naher Zukunft weitgehend ausgemerzt.

Die Senkung des allgemeinen Tempolimits von 50 auf 30 km/h reduziert den mittleren Schallpegel lediglich um zwei bis vier Dezibel.
Trotz Verkehrszunahme haben sich die Unfallzahlen in der Schweiz stabilisiert, beispielsweise von 253 Toten im Jahre 2015 auf 250 im Jahre 2024. Diese Zahl weiter zu reduzieren, ist mit konsequenter Verkehrsführung für Fussgänger, Radfahrer und Autos denkbar, aber nicht durch eine Geschwindigkeitsreduktion von 50 auf 30 km/h. Eine Erkenntnis, die auch aus dem Strassenverkehrsgesetz Art. 6a hervorgeht, wo mit baulichen Massnahmen für sichere Strassen zu sorgen sei.
Widersprüchlich sind die Aussagen des Bundesamtes für Unfalluntersuchung (BFU), das in der Geschwindigkeitsreduktion eine nützliche Massnahme sieht. Als häufigste Unfallursache mit Personenschäden nennt das BFU Fehler beim Abbiegen, Wenden, Rückwärtsfahren, Ein- und Ausfahren sowie Unaufmerksamkeiten und Ablenkungen von allen Verkehrsteilnehmern. Alle diese Ursachen beruhen nicht auf zu hoher Geschwindigkeit. Sie lassen sich mit der Reduktion der Höchstgeschwindigkeit weder reduzieren noch vermeiden. Das BFU bestätigt denn auch, dass überhöhte Geschwindigkeit weniger oft die Unfallursache ist.
Auch die Vortrittmissachtung, als zweithäufigste Unfallursache, betrifft nicht die Geschwindigkeit. Zudem ist das Auto gegenüber Fussgängern, Velos und E-Bikes mit wenigen Ausnahmen vortrittsberechtigt. Vortrittsmissachtungen betreffen demnach primär nicht den Automobilisten. Fehlerhaftes Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer, den Automobilisten Massnahmen aufzuerlegen, ist verwerflich, vor allem dann, wenn das angestrebte Ziel unerfüllbar ist.
Eine Begrenzung auf maximal 50 km/h bedeutet nicht, dass konsequent mit dieser Geschwindigkeit gefahren wird. Verkehrsmessungen in 50er-Zonen ergaben eine effektive, durchschnittliche Geschwindigkeit von circa 40 km/h. Die Autofahrer erkennen durchaus Gefahren und senken (freiwillig) die Fahrgeschwindigkeit auf dreissig oder noch weniger Kilometer pro Stunde.
Eine voll ausgelastete Strasse nimmt bei 30 km/h in einer Stunde 278 Fahrzeuge weniger auf als bei 50 km/h. Dies bewirkt innerhalb einer Stunde einen Stau von mindestens 1,6 km (278 x Fahrzeuglänge + 1 m Abstand). Diese Betrachtung ist deshalb von Bedeutung, weil durch die generelle Einführung von Tempo 30 zunehmend auch lange, nicht durch Kreuzungen und Lichtsignale beeinflusste Strecken betroffen sind. Die generelle Einführung von Tempo 30 auf dem ganzen Strassennetz einer Stadt ist sinnlos. Entsprechend will der Bundesrat klare Regeln für Tempo 30 auf Hauptstrassen. Verkehrsmittel gehören seit jeher zum Leben der Menschen. Sie dienen nicht primär dem Vergnügen, sondern sind die Grundlage für eine funktionierende Lebensmittel- und Gesundheitsversorgung, für die Wirtschaft, die Kultur und den privaten Güterverkehr. Entsprechend strebt der Bundesrat die konsequente Unterscheidung von Hauptverkehrswegen und Siedlungsstrassen an.
Den Verkehr auf Hauptverkehrsstrassen mit Verengungen einzuschränken und die Verkehrsteilnehmer mit anderen schikanösen Massnahmen zum Umsteigen auf das öffentliche Verkehrsmittel oder Fahrrad zu drängen, widerspricht dem gesellschaftlichen Bedarf und schafft keine Lösung. Hauptverkehrsstrassen sind für einen flüssigen Verkehr sicher zu gestalten. Um mit dem vorhandenen Strassennetz einen maximalen Verkehrsfluss zu gewährleisten, ist die Erhöhung der Höchstgeschwindigkeit auf 60 km/h und darüber angebracht. Dass Verkehrssicherheit nicht primär mit der Fahrzeuggeschwindigkeit, sondern mit zweckdienlicher Strassengestaltung zusammenhängt, geht deutlich aus der Schweizerischen Unfallstatistik 2024 hervor. Von den 250 Todesfällen entfielen lediglich 11 auf Autobahnunfälle.

