Schweizer Fahne

Dass die Schweiz durch fragwürdiges, politisches Handeln international an Ansehen verloren hat, ist nicht von der Hand zu weisen. Aber auch landesintern sinkt der Glaube der Einwohner an eine gesicherte Zukunft. Es fehlt an

einer langfristig angelegten, innovativen Politik zur Ausrichtung an die neuen, globalen Gegebenheiten.

Eine maximale Zufriedenheit der Bevölkerung ist wohl das Ziel eines jeden Landes. Nicht umsonst erfasst die OECD (Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit) fortlaufend die Entwicklungen und erstellt jährlich eine Rangliste über das gesellschaftliche Wohlergehen in den einzelnen Ländern. Dabei geht es um mehr als nackte Zahlen wie das BIP und andere Wirtschaftsdaten. Anhand von elf Themenfeldern wird alljährlich, sowohl in Bezug auf die materiellen Lebensbedingungen als auch für die Lebensqualität insgesamt, eine äusserst tiefgreifende Erhebung gemacht. Erstaunlich ist allerdings, dass bei der Kriterienauswahl die Freiheit/Selbstverwirklichung, die gerade gegenwärtig vehement gefordert wird und immer wieder in Unabhängigkeitsbestrebungen zum Ausdruck kommt, nicht berücksichtigt ist.


Im Jahr 2015 führte die Schweiz die Rangliste an. Seither ist die Schweiz Jahr für Jahr zurückgefallen und belegte im Jahr 2022 nur noch den achten Rang.




Das schrittweise Abrutschen der Schweiz im Ranking über die Zufriedenheit der Landesbevölkerung, weist auf einen Missstand hin, der konkretes Handeln der Bundesregierung erfordert. Sinnvollerweise ist dort anzusetzen, „wo der Schuh drückt“. Nämlich bei denjenigen Themen, die in der Vergangenheit heftig diskutiert wurden und weiter auf den Titelseiten der Zeitungen erscheinen. Vorrangig sind das die Themen: Umweltschutz, Altersvorsorge, Überbevölkerung, Energiewende, Flüchtlingswesen, Europapolitik, Gesundheitswesen, E-Government, Atommüllentsorgung, Heiratsstrafe. Allein die Vielzahl dieser Themen deutet darauf hin, dass in unserem Land ein Handlungsnotstand herrscht.


Bei keinem der vorgängig aufgelisteten Themen ist auch nur ansatzweise eine Strategie, geschweige denn ein Konzept in Sicht. Jahrelang werden in Amtsstuben Wünsche vorgebracht, es wird diskutiert, Vernehmlassungen werden durchgeführt, Vorschläge verworfen und zurückgestellt bis neue Parlamentarier und Regierungsmitglieder den Themenkreis neu aufrollen. Die Diskussionen um die perfekte Wollmilchsau sind endlos. Demgegenüber ist aus der Privatwirtschaft bekannt, dass sich nicht derjenige im Erfolg sonnt, der nach Jahren das scheinbar perfekte Modell auf den Markt bringt, sondern der Erste, der eine noch nicht perfekte Idee verwirklicht hat.


Das mutlose Treten an Ort der Schweizer-Politik ist beispielsweise bei der Eigenmietwert-Besteuerung und bei der Mietzinsbremse ersichtlich. Themen, bei denen schon jahrelang Papier produziert wird, Kommissionssitzungen abgehalten und im Rat debattiert wird, ohne dass eine Lösung des Problemkreises in Sicht wäre. Das Schlimmste daran – niemand der Regierenden stösst sich daran.


Der Abstieg vom vorbildlichen Sozialstaat in die Versenkung wird sich nur aufhalten lassen, indem die politischen Prozesse dem forschen Tempo weltweiter Veränderungen angepasst werden. Dies entweder, indem alle Vorhaben zu Beginn mit einem der Sache angepassten Abschlusstermin versehen werden. Oder aber, die Entscheidungskompetenzen werden weg von den Politikern hin zu den Sachverständigen verlegt. Die politischen Debatten bringen keine nutzenbringende Ideen hervor. Sie dienen lediglich der Profilierung von Parteimitgliedern und führen zu schwammigen, Gesetzen, bei denen das angestrebte Ziel häufig nicht mehr erkennbar ist.


Dass der Bundesrat der globalen Entwicklung nicht gewachsen ist, trat schon beim Rahmenabkommen mit der EU zutage. Sieben Jahre verhandeln und - je nach Zusammensetzung des Bundesrates und des jährlich wechselnden Bundespräsidenten - Zusagen machen und später widerrufen ist beschämend. Verhandlungen abbrechen, um Jahre später an gleicher Stelle den Faden wieder aufzunehmen, ist fragwürdig. Dass die EU von Unprofessionalität spricht und in der Schweizer Delegation keinen ernst zu nehmenden Verhandlungspartner sieht, ist verständlich.


Keine klare, gewinnbringende Haltung zeigte der Bundesrat beim Ukrainekrieg und den Neutralitätsdiskussionen. Anstelle den Kriegsparteien entschlossen eine Verhandlungsplattform, anfänglich für untere Stufen, einzurichten, wurde, ohne jegliche Veranlassung völlig überstürzt und ohne internationale Abstimmung, eine Wiederaufbaukonferenz einberufen. Keine internationalen Medien und keine politischen Grössen haben diese Aktion als sinnvoll erachtet. Was sich nachträglich auch bestätigte.


Beschämend ist das CS-Debakel. Primär geht es an dieser Stelle nicht um die in letzter Not getroffen Massnahmen. Der politische Apparat hat schon in den Jahren vor dem Kollaps nicht funktioniert. Brücken, Felswände, Seuchengefahren sowie Umweltentwicklungen werden peinlich genau, messtechnisch überwacht, um die Bürger vor Schaden zu bewahren. Eine entsprechende Sorgfaltspflicht bei Grossbanken ist offensichtlich tabu. Nachdem Jahr für Jahr das Vertrauen in die CS verloren ging und der Aktienkurs sank, wurden durch die eidgenössische Finanzmarktaufsicht Verhandlungen zur Wiederherstellung des Vertrauens geführt. Verhandlungen, die zum Scheitern verurteilt waren, weil die Handlungsfreiheit der Bank nicht angetastet werden durfte - es lebe die freie Marktwirtschaft.


Bei Banken, die spekulative Börsengeschäfte tätigen, sind mit konkreten Zahlen Grenzen zu setzen und im Fall von Überschreitungen die Konsequenzen festzulegen – genau gleich, wie es in anderen Bereichen praktiziert wird, wo Schäden für Einwohner möglich erscheinen.
Zum Beispiel Geschwindigkeits-Exzesse auf den Strassen.


Ein von weiten Teilen der Bevölkerung unterstütztes Vertrauen erweckendes Führungskonzept ist beim Bundesrat nicht erkennbar. Die von den sieben Bundesräten ausgehnadelten Kompromisse werden nicht verstanden. Das Kollegialprinzip des Bundesrates erweist sich, bei den immer vielschichtiger und komplexer werdenden politischen Themen, als untauglich. Eine langfristige Orientierung ist nicht erkennbar und lässt die Bevölkerung an einer fruchtbaren Führung zweifeln.


Ein florierendes Schweizer Staatswesen erfordert exzellente, internationale Beziehungen. Hierzu braucht es einen Stab von Lobbyisten, die im Sinn von PR weltweit unterwegs sind, die Stärken der Schweiz hervorheben, ein positives Bild nach aussen tragen und ein Geflecht von persönlichen Beziehungen pflegen, so wie es jede Institution vollzieht, die etwas erreichen will. Konsulate und Botschaften sind für diese Aufgabe ebenso ungeeignet, wie gelegentliche Reisen der Bundesräte zusammen mit einem Begleittross aus der Wirtschaft.


Die Schweiz ist bei der Bundesbahn, bei der Telekommunikation, beim Spitalwesen und bei den Hochschulen weltweit führend. In diesen Institutionen wird in forschem Tempo entschieden und gehandelt. Anders bei der Schweizer Regierung. Bei den notwendigen Anpassung der Verwaltung an die neuen Gegebenheiten sowie beim Festlegen neuer Regeln für das Zusammenleben (Gesetze) dominiert der „Heimatschutz“. Wir verharren im letzten Jarhundert. Das zeigt sich vor allem auch beim Konsumentenschutz. Selbst die schwerfällige EU hat den Konsumentschutz längst den neusten, internationalen Betrügereien angepasst. Obwohl sich die schweizerischen Vorzeigeunternehmenn laufend den neuen Gegebenheiten anpassen, oder vielleicht gerade deswegen, schätzt der weitaus grösste Teil der Bevölkerung die Leistungen dieser Unternehmen. Sie geniessen eine Zustimmung, von der Politiker nur träumen können. Die Angleichung des „Unternehmens Schweiz“ an die Arbeitsweise dieser beliebten Dienstleistungsbetriebe würde zu einem modernen Land führen, das die anstehenden Änderungsprozesse mit Bravour meistern könnte.


Um das Absinken des Wohlstandes und der Volkszufriedenheit aufzuhalten, muss Bundesrat und Parlament den Status quo zugunsten von Innovation und Unternehmertum aufbrechen. Kompromiss-Entscheide haben, sowohl bei Parlament, als auch beim Bundesrat, keine Kontur, kein Profil. Sie sind keine Orientierung für die Zukunft. Die Entscheidungen sind derart „plattgewalzt“ dass jedermann mit dem Minischritt einverstanden ist, bewirken ein solcher doch keinerlei Änderungsängste und Änderungsblockaden, die überwunden werden müssten. Die nicht sachbezogenen, sondern parteipolitisch ausgerichteten Entscheidungen tragen jedoch nicht zu Problemlösungen bei. Sie bewirken ein Treten an Ort und verlegen die Problemlösung in die Zukunft. Im Konzert des Weltgeschehens wird die Schweiz dadurch zügig links und rechts von aufstrebenden Staaten überholt - die Zufriedenheits Erhebung wird es zeigen.

 

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