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„Es ist eine gefährliche Tendenz, dass die Menschen zu viel von der Regierung erwarten, aber gleichzeitig zu wenig für sie tun.“ Warren G. Harding

 

 

Armut

In der Schweiz waren im Jahr 2022 8,2 % der ständigen Wohnbevölkerung in Privathaushalten von Einkommensarmut betroffen. Das entspricht rund 702’000 Personen.

Jeden Tag stehen allein in Zürich etwa 300 Menschen Schlange, um sich mit „erbetteltem“ Essen am Leben zu erhalten.

Entwicklung der Armutsquote
Quelle: BFS

Die Armutsgrenze wird von den Richtlinien der Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) abgeleitet und betrug 2022 durchschnittlich 2284 Franken im Monat für eine Einzelperson und 4010 Franken für zwei Erwachsene mit zwei Kindern. Damit müssen Wohn- und Gesundheitskosten, Essen, Kleidung, Kommunikation, Strom, Heizkosten, laufende Haushaltsführung, Körperpflege, Gesundheitskosten und Verkehrsauslagen bezahlt werden, nicht jedoch die Prämien für die obligatorische Krankenversicherung, die Sozialversicherungsbeiträge, Steuern und allfällige Alimente. Für Bildung, Medien, Vereinsbeiträge und Hobbys bleibt oft kaum etwas übrig. 


Armut ist in der Schweiz kein Randphänomen. 298'000 Männer und Frauen sind trotz Erwerbsarbeit armutsgefährdet – Working Poor. Armut ist das Resultat gesellschaftlicher Umstände, die die Betroffenen kaum beeinflussen können. Beispielsweise sind die Wohnungen benachteiligter Familien oft viel zu eng, die Umgebung sind soziale Brennpunkte, den Eltern fehlen Zeit, Geld und die Lebenserfahrung, um ihre Kinder in unserer Gesellschaft hilfreich begleiten zu können. Sie haben kaum Chancen, sich die Grundlagen für ein zukünftiges Leben ausserhalb der Armut zu erarbeiten.


Das Verhindern von Armut und sozialer Ausgrenzung zählt zu den Hauptaufgaben jedes Staates. Die kollektive Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens ist jedoch eng mit den Beziehungen zwischen Staat, Wirtschaft und Gesellschaft verknüpft. Ohne funktionierende Wirtschaft, ohne Unterstützungsbereitschaft der Gesellschaft und ohne Staat, der die Regularien organisiert, lässt sich diese Aufgabe nicht bewerkstelligen.


Gegenwärtig wird die Armut hauptsächlich am verfügbaren Einkommen jedes Einzelnen gemessen. Diese Betrachtungsweise wird indes der Aufgabenstellung in keiner Weise gerecht. Arm ist nicht, wer über markant weniger Einkommen verfügt als der Mittelwert der aktuell ausbezahlten Löhne, sondern arm ist, wenn existenzielle menschliche Bedürfnisse nach Nahrung, Hilfe bei körperlichen oder seelischen Beeinträchtigungen oder ein vor der Unbill der Natur geschützter Lebensraum nicht erfüllt sind. In südlichen Ländern sind diese Bedürfnisse, weitgehend erfüllt, indem bedürftige Menschen im Familienkreis mitessen können, ein kombinierter Schlaf-, Aufenthaltsraum zur Verfügung steht, sanitäre Einrichtungen benutzt werden können und Hilfe für alltägliche Arbeiten geboten werden. Politisch zählen diese, häufig in Spanien, Italien, Griechenland anzutreffen Menschen, zu den Armutsgefährdeten, obwohl die Menschlichkeit sehr viel besser erfüllt ist, als bei einer in einem Wohnblock untergebrachten Einzelperson, die finanziell gesichert auf dem Existenzminimum lebt. 

Wollen – können wir die Armut in der Schweiz reduzieren?
Ja, wir können, wir müssen sogar!


Grundlage eines guten Sozialsystems ist eine funktionierende Wirtschaft. Ohne durch die Wirtschaft erschaffenes Geld bleibt finanzielle Unterstützung Wunschdenken. Die Schweiz kann diesbezüglich auf ein ausgezeichnetes Fundament bauen. Beim IMD World Competitiveness Ranking 2024 schneidet die Schweiz unter den wettbewerbsfähigsten Ländern hinter Singapur und vor Dänemark auf Rang 2 ab und mit 80,7 % hat die Schweiz eine der höchsten Beschäftiungsquoten (15–64 Jährige). Beste Voraussetzungen also auch beim Sozialsystem Spitzenplätze zu belegen.


Trotz gutem Abschneiden weist das IMD Ranking darauf hin, dass verschiedene Reformen angegangen werden müssen. Die schwergewichtigen, anstehenden Themen Altersvorsorge, Lebenskosten im allgemeinen und die Wohnkosten im Speziellen, sowie das Gesundheitswesen betreffen alle die soziale Wohlfahrt. Einer der Hauptgründe für die Kritik am Sozialsystems ist die Zersplitterung und dadurch Ineffizienz durch 51 Krankenversicherungen, 80 Ausgleichskassen und 1300 Vorsorgeeinrichtungen (Pensionskassen). Offensichtlich wurden diesen staatlichen Aufgaben in der Vergangenheit zu wenig Beachtung geschenkt oder wirksame Lösungen haben sich durch die Ausarbeitung demokratischer Kompromisse, die häufig die ursprünglichen Ziele nicht mehr erkennen lassen, verflüchtigt.


Die niedrigsten Armutsquoten finden sich in den skandinavischen Ländern, die sich durch breite Absicherung gegen soziale Risiken auszeichnen. Mit ein Grund, weshalb die nordischen Länder, wenn es um Wohlbefinden und/oder Glück geht, in den Top Ten der Welt erscheinen. Dabei wird auch ersichtlich, dass die nordischen Länder auch in Bezug auf Einkommensverteilung, Wohnungsbedingungen und Gesundheitsversorgung gut abschneiden. Dass die Einwohner unseres Landes demgegenüber unzufrieden sind, geht aus dem Zufriedenheitsreport hervor, wo die Schweiz in den letzten 15 Jahren von Platz 1 auf Rang 15 abgerutscht ist. Mitverantwortlich dürfte sein, dass die Schweiz bei den gesamten Sozialausgaben Spitzenwerte, aber gleichzeitig mit den vergleichbaren Ländern höhere Armut aufweist.


  
Quelle: Eurostat


Quelle: Eurostat


Ein wichtiger Faktor bei der Bewertung der Wirtschaftsleistung ist die politische Stabilität. Mehrfache soziale Benachteiligungen bedeutet für den Einzelnen nicht nur den Verlust von Teilnahmechancen, sondern die Stabilität und demokratische Ordnung ist als Ganzes gefährdet. Die Geschehnisse im Ausland zeigen, wie politische Führungen ins Straucheln geraten können, wenn das Vertrauen durch mangelhaftes Handeln verloren geht. Die Reform des Schweizer Sozialwesens ist besser unverzüglich angesagt, als erst dann, wenn Splittergruppen bereits Unfrieden gestiftet haben. 


Die als vorbildlich eingestuften Sozialsysteme der skandinavischen Länder umfassen alle Themen, bei denen die Bürger zumindest vorübergehend nicht in der Lage sind, das Leben selbständig zu meistern. Das trifft auch auf die Gesundheit zu und ist deshalb in Finnland vollständig in das Sozialsystem integriert. Ebenso die sozialen Aspekte des Heranwachsens und das Vorbereiten der Kinder auf das zukünftige, selbständige Leben. Ferner ist der Übergang vom sogenannten "männlichen Ernährermodell" zu einem individuellen Modell, dem "dualen Ernährermodell" hervorzuheben. Dem Fokus der Gleichstellung folgend ist sowohl die Sozialpolitik als auch die Steuerpolitik, nicht an eine Familieneinheit gebunden, die eine Aufgabentrennung und unterschiedliche Rollen für die in einem Haushalt Lebenden voraussetzt.


Die staatlichen Sozialsysteme umfassen demnach:

  •  Alter
  •  Hinterbliebene
  •  Krankheit und Gesundheit, inkl. Zahnarzt
  •  Pflege
  •  Invalidität
  •  Familie und Kinder
  •  Arbeitslosigkeit
  •  Wohnen
  •  Diejenigen unterstützen, die andere unterstützen
  •  Soziale Ausgrenzung


Alle diese Sozialbereiche haben die gleiche Ausgangslage. Betroffene Personen sind auf finanzielle oder materielle Unterstützung der Gemeinschaft angewiesen. Angelehnt an die Lösungen der skandinavischen Länder, die erwiesenermassen sich hohe Akzeptanz erfreuen, ergeben sich, zur Schaffung eines vorbildlichen, zeitgemässen schweizerischen Wohlfahrtsystems, folgende Leitlinie:

  • Ziele definieren und alle Handlungen konsequent darauf ausrichten. Beispielsweise lassen sich erhebliche Kosten sparen, wenn das Gesundheitssystem nicht allein hohe Lebenserwartung anstrebt, sondern eine möglichst hohe Anzahl gesunder Lebensjahre.
  • Transparente Regeln und bedarfsgerechte Zuteilung an die Empfänger. Deren Einhaltung durch Kontrollinstanzen überwachen, gleichzeitig die Wirksamkeit der ergriffenen Massnahmen prüfen.
  • Hohe Effizienz innerhalb und im Zusammenspiel der Akteure. Unnütze Handlungen eliminieren.
  • Prävention als festen Bestandteil des Sozialsystems heranziehen.
  • Verantwortung der Bürger, für sich selbst zu sorgen, nicht abbauen. Er darf nicht zu Assistenzialismus (Bemutterung) abgleiten.
  • Sozialausgaben sind nicht ausschliesslich als Ausgabenpositionen zu sehen, in jedem Fall ist eine Investition in die Zukunft anzustreben.
  • Die Sozialpolitik und deren Umsetzung hat den Schutz aller Mitbürger, nach ihren individuellen Bedürfnissen, zum Ziel. Niemand darf durch die Maschen fallen und niemand darf sich entgegen dem Sozialgedanken bereichern. Zugewanderte sind bezugsberechtigt, wenn eine Aufenthaltsbewilligung erteilt ist.
  • Sozialleistungen, die zur Abdeckung des Grundbedarfs dienen, sind bedingungslos zu erbringen.
  • Sozialleistungen sind stets darauf auszurichten, aus der sozialen Abhängigkeit herauszuführen.
  • Alle im erwerbsfähigen Alter müssen, wenn keine Hinderungsgründe vorliegen, arbeiten und Sozialabgaben entrichten.


Dieser Massnahmenkatalog zielt nicht darauf ab, die Ausschüttung von Sozialgeldern zu erhöhen, sondern durch Effizienzsteigerung und gerechtere Verteilung von Abgaben und Bezügen sollen die pro Kopf Ausgaben auf das Niveau von beispielsweise Schweden gesenkt werden.

Finanzierung der gesamten Wohlfahrtskosten:

Empfänger selber bezahlen

31 % (31 %)

Einnahmen aus Erwerbstätigkeiten

22 % (34 %)

Steuern

36 % (23 %)

andere Einnahmequellen

11 % (12 %)

 

Klammerwerte = gegenwärtige Verteilung.

Diese vorläufigen Prozentzahlen sind dem obligatorischen Referendum zu unterstellen.


In jeder Gesellschaft gibt es Menschen, denen jede Motivation fehlt, sich an Arbeiten zu beteiligen und an dessen Stelle den Tag mit Suchtmittelkonsum verbringen. Die gegenwärtige Gesellschaft wird kaum dazu übergehen können, diese Personen, wie geschichtlich praktiziert, in geschlossenen Einrichtungen mit „Peitschen“ oder anderen Foltermethode zum Arbeiten zu zwingen. Inwieweit dieser Personengruppe eine minimale Lebensversorgung zugestanden oder ob lediglich Obdachlosenplätze zugewiesen werden sollen, ist zu diskutieren und allenfalls mit einer Volksabstimmung in Erfahrung zu bringen.

 

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