Gosse Teile der Bevölkerung empfinden, dass die Regierungen abgehoben sind und nicht mehr im Sinn ihrer Bürger entscheiden. Diese Gefühle täuschen nicht. Die gewichtigen Entscheidungen wie Bankenrettung, Zuwanderung billiger Arbeitskräfte,
ungebremste Kostensteigerung bei Wohnungen und beim Gesundheitswesen bevorzugen die Oberschicht. Öffentliche Statistiken weisen aus: Unter- und Mittelschicht profitieren nicht vom scheinbare Wohlstand. Ihre Lebenssituation hat sich in den letzten Jahren kaum verbessert teilweise sogar verschlechtert, während die hohen Einkommen enorm angestiegen sind.
Reizvolle Angebote in Einkaufszentren, Unterhaltungsprogramme im Fernsehen – rundum die Uhr – und Reisen an beliebige Orte der Erde können sich nicht alle leisten. Dass wir in endlosen Gestell Reihen diejenigen Gegenstände suchen müssen, die wir üblicherweise kaufen, dass wir immer mehr Zeit in Staus verbringen, dass wir am Arbeitsplatz immer mehr gefordert werden und für gesichertes Einkommen und Altersvorsorge trotzdem keine Gewähr besteht, hat uns nicht glücklicher gemacht. Das belegen Umfragen über die Zufriedenheit der Bevölkerung.
Dass Regierungen zugunsten der finanzstarken Unternehmen entscheiden, liegt auf der Hand. Das Schaffen von Arbeitsplätzen beziehungsweise das Verhindern von Personalabbau sind Argument, die überall angewendet werden können und die immer stechen. Kein Politiker wird sich gegen die Drohung der Industrie stellen, seine Entscheidung hätte den Verlust von Arbeitsplätzen zur Folge. Selbst bei Volksabstimmungen ist das Argument der Arbeitsplätze für das Abstimmungsergebnis häufig ausschlaggebend. Arbeitsplätze sind die Lebensadern der Industrienation. Bei politischen Entscheidungen ist die Diskussion um Schaffung von Arbeitsplätzen in der Regel nicht Bestandteil der Vereinbarung, sondern lediglich eine unverbindliche Argumentation. Solche lapidare, erpresserische Arbeitsweisen sind maßgebend dafür verantwortlich, dass Regierungsentscheidungen meistens zugunsten der Industrie ausfallen.
Definitionsgemäß geht in einer Demokratie die Macht und Regierung vom Volk aus. Eine Staatsform, die in den Industrieländern heute nicht mehr zutrifft. Mit der Dominanz der Industrie kommt der Begriff Industriestaat den Gegebenheiten näher. Trotz der Beteuerungen anlässlich von Gipfelkonferenzen, der Trend müsse gebrochen werden und der wirtschaftliche Fortschritt müsse allen zugutekommen, sind keine Ideen oder gar Beschlüsse in Sicht. Dabei könnte ein einfaches, praktikables Mittel einen nachweislichen Erfolg bringen. Die Steuerbezüge eines Unternehmens müssten nicht nur anhand des Gewinns, sondern auch anhand der ausbezahlten Lohnsumme ermittelt werden. Eine steigende Lohnsumme bedeutet steigende Einnahmen bei den Arbeitnehmern. Bedeutet für den Staat aber auch höhere Steuereinnahmen und Sozialabgaben durch die Arbeitnehmer bei gleichzeitig kleineren Sozialkosten. Dieser Nutzen für den Staat und für das arbeitende Volk ist durch Steueranreize zu bewerkstelligen. Die Ziele der Wirtschaftskapitäne wäre nicht allein auf die Gewinnmaximierung, sondern auch auf die Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen ausgerichtet. Als wertvoller Nebennutzen wäre gegen das Auslagern von Arbeitsplätzen in Billiglohnländer und gegen die Gewinnverlagerung in steuerbegünstigte Domizile vorgebeugt.