Bauten gehören bei einem Volk zu den wichtigsten Gütern. Sie sind massgebend für das Wohlbefinden in der eigenen Wohnung, dem Lebensmittelpunkt. In der Aussenansicht vermitteln die Gebäude, ob die Besitzer zeitgemäss, künstlerisch oder
modern eingestellt sind. Bezogen auf eine Region oder ein ganzes Land lässt sich aus dem Baustil schliessen, ob die Bevölkerung auf Schönheit oder Funktionalität bedacht ist, ob sie fortschrittlich oder modern eingestellt oder in der Vergangenheit stehen geblieben ist. Bauten sind nicht zuletzt ein Erfolgsfaktor für den Tourismus, locken doch schon einzelne, kreativ gestaltete Gebäude hunderttausende von Besuchern an.
Das Durchleuchten der Schweizer Baukultur nach diesen Gesichtspunkten vermag nicht zu begeistern, präsentieren sich doch Wohnbauten häufig in Form eines simplen Kubus und Gewerbebauten rein funktional. Das hat auch der Bundesrat in seiner Botschaft zur Förderung der Kultur in den Jahren 2021-2024 festgestellt und ruft die Ingenieure und Architekten auf, ihre Arbeit zu überdenken.
Eine abnehmende Bauqualität ist unübersehbar. Während einzelne herausragende Beispiele der zeitgenössischen Architektur und des Ingenieurwesens entstehen, ist andernorts eine Trivialisierung des Gebauten zu beobachten. Weite Teile der alltäglichen Schweiz leiden unter gestalterisch anspruchslos bebauten Gebieten. Dieses Problem betrifft nicht nur städtische Gebiete, sondern vor allem auch den ländlichen Raum und die Agglomerationen.
Auszüge aus der bundesrätlichen „Botschaft zur Förderung der Kultur in den Jahren 2021-2024“
Es ist aussergewöhnlich, dass die Landesregierung einen Berufsstand kritisiert und von diesem eine Korrektur der Arbeitsweise fordert. Fairerweise ist diese Forderung allerdings auch an die Volksvertreter der Kantone und Gemeinden zu richten. Bauordnungen und die Berücksichtigung von Einzelinteressen erzwingen oft das Erstellen fantasieloser Bauten. Verwaltungen tun sich bei Bauentscheidungen oft schwer zugunsten der schweigenden Mehrheit und gegen die Forderungen von Interessengruppen zu entscheiden. Organisierte Gruppen, die mit dem Argument der Kulturerhaltung zeitgemässes Bauen behindern.
Damit alte, historische Bauten den geltenden Bauvorschriften genügen, müssen sie in der Regel kernsaniert werden. An Kultur bleibt lediglich eine Fassade übrig, die in vielen Fällen ebenfalls saniert werden muss und in der nachgebildeten Form über Jahrzehnte hinweg Generationen erfreuen soll. Gewesene Nutzgebäude, die weder Tagesausflügler noch Touristen begeistern, Jahrzehnte lang zu erhalten und zu pflegen, ist nutzlos. Niemand käme auf die Idee, zur Kulturerhaltung, in den Kleidern unserer Vorfahren auf die Strasse zu gehen. Kultur lebt. Jede Generation entwickelt sich und lebt einen angepassten Lebensstil, der sich in einer neuen Baukultur niederschlägt.
Die Schweiz repräsentiert sich international als fortschrittliches Land und verschafft sich dadurch auf der Weltbühne Anerkennung. Eine diesem Image angepasste, der Umwelt und den technischen Möglichkeiten angepasste Baukultur ist unabdingbar. Die Notwendigkeit eines Efforts geht auch aus der bundesrätlichen Botschaft hervor.
Für die angestrebte Verbesserung der Qualität der gebauten Umwelt müssen baukulturelle Aspekte gegenüber einer heute stark auf technische und ökonomische Logiken ausgerichteten Bau- und Planungspraxis in eine bessere Balance gebracht werden. Kulturelle Aspekte müssen in der Entwicklung und Beurteilung der gebauten Umwelt gerade in Zeiten der schnellen, globalen Veränderungen wieder ins Zentrum rücken, um den gesellschaftlichen Ansprüchen an das Wohlbefinden und die Lebensqualität der Bevölkerung langfristig genügen zu können.
Auszüge aus der bundesrätlichen „Botschaft zur Förderung der Kultur in den Jahren 2021-2024“
Zur Erreichung der bundesrätlichen Ziele ist, für neuen Wohnbauten, die seit 2014 geltende Vorschrift nach verdichtetem Bauen, abzuschaffen. Die vergangenen Jahre zeigten, dass eng bebaute und versiegelte Grundstücke zu unfreundlichen Wohnsituationen, überhitzten Städten und Überschwemmungen führen. Verabschieden müssen wir uns auch vom fünf Stockwerke Standard. Dieser zwingt zur bedenklichen Ausbreitung der Wohnbauten ins Kulturland. Eine Richtungskorrektur hin zu höheren Wohnbauten ist, dank weiterer entscheidender Vorteile, unumgänglich. Bei Hochhäusern, mit gewerblichen Einrichtungen in den unteren Etagen, können hunderte von Personen, ohne Strassen- oder Bahnbenutzung ihren Arbeitsplatz erreichen. Gleiches gilt bei Lebensmitteleinkäufen, bei einem Arzt-, Fitnesscenter- oder Restaurantbesuch. Hochhäuser ermöglichen, rund um das Gebäude, das Anlegen naturbelassener Grünanlagen, die nicht nur zur örtlichen Klimaverbesserung beitragen, sondern auch - durch Studien bewiesen - das Wohlbefinden und damit die Gesundheit der Bewohner verbessern. Letztendlich haben hohe Bauten eine bessere Energiebilanz und erlauben, indem sich die hohen Grundstückkosten auf eine Vielzahl von Wohnungen verteilen, markant tiefere Mietzinsen. Dazu tragen auch die serienmässig, rationell gefertigten einzelnen Stockwerke bei.
Beispiel internationaler Baukunst. Der im Beispiel geschaffene Wohnraum würde nach schweizerischem, verdichtetem Bauverfahren eine Fläche von zehn Fussballfelder beanspruchen. Ein grosser Teil dieser Fläche würde statt begrünt für Zufahrtsstrassen „missbraucht“.
Genial gebaut (20 Sek. Werbevorspann)