Wer heute in einem Industrieland lebt, ist genötigt für seinen Lebensunterhalt Einkommen zu erzielen. Er kann dies bewerkstelligen, indem er sich in einem Produktions- oder Dienstleistungsbetrieb oder einer öffentlichen Verwaltung zur Arbeit verpflichtet.
Er kann als Sportler oder Künstler tätig sein oder selbständig irgendwelche Dienste anbieten. Das Angebot an Beschäftigungsmöglichkeiten ist vielseitig.
Auf der Suche nach einem Arbeitsplatz muss eine Person einen gefüllten Rucksack an Voraussetzungen mitbringen. Er muss bestimmte Schulen durchlaufen haben, er muss – mit Zeugnissen belegt – dem Job entsprechende geistige, handwerkliche und soziale Kompetenzen mitbringen, er muss gesund, belastbar und nicht schwanger sein. Schlussendlich muss er in der Region, in der er verwurzelt ist und die Sprache beherrscht, ein passendes Jobangebot vorfinden. Anforderungen und Kompetenzen sind eher selten in idealer Übereinstimmung. Die Stimmen der Industrie, man finde keine geeigneten Arbeitskräfte und die Stimmen der Arbeitssuchenden sie würden keinen Job finden, sind allgegenwärtig. Eine für den einzelnen Menschen passende und damit auch dem Betrieb Nutzen bringende Beschäftigung zu finden, hängt vielfach davon ab, zur richtigen Zeit im richtigen Alter am richtigen Ort zu sein. Liegen keine Stellenangebote vor oder kommt es mangels Eignung oder vielen Arbeitsuchenden längere Zeit zu keinem Arbeitsvertrag, werden dem Stellensuchenden die Lebensgrundlagen entzogen. Obwohl er sich nichts hat zuschulden lassen kommen, wird er durch Ausschluss aus dem Arbeitsprozess und schlussendlich aus der Gesellschaft aufs härteste bestraft.
Mit der Globalisierung konnten große Unternehmen in neuen Märkten ihre Absatzzahlen erhöhen. Bedingt durch die Automatisierung wurden aber kaum neue Arbeitsplätze geschaffen. In der EU wurde in den letzten zehn Jahren mit 3,4 % mehr Arbeitsplätzen das BIP (Waren und Dienstleistungen, die innerhalb eines Jahres erstellt wurden) um 20,9 % gesteigert. In den USA lauten die entsprechenden Zahlen bei 5,5 % mehr Arbeitsplätzen ein höheres BIP von 34 % und in China mit 3,5 % mehr Arbeitsplätzen ein um 307 % höheres BIP. Die drei Wirtschaftsräume zusammen haben mit einer Erhöhung der Erwerbstätigen um 3,6 % eine Steigerung des BIP um 54,5 % erzielt. Die Aussage dieser Zahlen ist eindeutig. Der Weltpolitik ist es gelungen, die Industrieproduktion und damit die Gewinne und Boni aber auch die Überproduktion zu steigern. Sie hat es aber nicht geschafft, die Beschäftigungsmöglichkeiten der wachsenden Bevölkerung entsprechend auszuweiten und die Lebenssituation der großen Mehrheit der Menschen zu verbessern. Ohne grundlegende Änderungen wird dies so bleiben. Im Klartext, Millionen oder gar Milliarden von Erdenbürgern warten vergebens auf eine existenzsichernde Beschäftigung.
Die großen Produktionsstätten, wie Automobilfabriken, werden zukünftig nicht mehr tausende, sondern nur noch hunderte Arbeitskräfte benötigen. Wenn einmal alle Menschen mit Identcode und Handys versehen sind, werden auch Banken, Versicherungen, Telekommunikationsunternehmen und öffentliche Verwaltungen nur noch einen Bruchteil der heutigen Arbeitsplätze aufweisen.
Statistisch produziert ein Arbeitender mit 40 Stunden pro Woche Güter, die seinen Bedarf erheblich übersteigt. Die Überproduktion landet schlussendlich, zusammen mit den verarbeiteten Rohstoffen, im Müll. Die soziale Marktwirtschaft braucht zur Lösung dieser vielschichtigen Probleme grundlegende Veränderungen. Ein Erfolg versprechender Ansatz ist ein bedingungsloses Grundeinkommen, das jedem Bürger ein menschliches Dasein sichert. Darauf aufbauend kann Jedermann, ohne wirtschaftlichen Zwang, mit seinen Neigungen und Fähigkeiten entsprechenden Tätigkeiten den Lebensstandard verbessern, am gemeinsamen, gesellschaftliche Leben teilhaben und dadurch Erfolgserlebnisse und Anerkennung erleben.
Ein Grundeinkommen für Alle klingt nach unrealistischen, paradiesischen Zuständen. Wenn wir einen Blick in die Einkaufszentren werfen, stellen wir einen unglaublichen Überfluss fest. Für praktisch alle Lebensbereiche liegt eine Vielzahl von Angeboten bereit, die nur mit aggressiven Marketingmethoden unters Volk gebracht werden können. Am Warenangebot gemessen leben wir bereits heute im Paradies. Es können lediglich nicht alle Menschen gleichermaßen am Angebot teilhaben.
Wie sehen praktische Lösungen für ein bedingungsloses Grundeinkommen aus? Als Empfänger kommen eingebürgerte Personen infrage, wobei die Einbürgerungsvoraussetzungen zu überprüfen wären. Selbstverständlich würden gegenwärtige Gehälter von Angestellten nicht um das Grundeinkommen aufgestockt. Die Summe von Grundeinkommen plus Gehalt würde der gegenwärtigen Lohnsumme entsprechen. Bereits heute richten Sozialstaaten alle möglichen finanziellen und materiellen Sozialleistungen aus, um die Armnut zu lindern. Diese Kosten werden bereits heute aus den Staatseinnahmen finanziert. Mehrkosten würden nur insofern entstehen, als den Ärmsten der Armen höhere Beträge zur Existenzsicherung zugestanden würden. Die heutigen Sozialunterstützungen erfolgen völlig intransparent und mit einem Sozialapparat, der teurer erscheint als der den Sozialempfängern zukommende Betrag. Das Grundeinkommen würde den Sozialapparat ersetzen und dem Staat ein einfach handhabbares und Menschenrechte garantierendes Werkzeug zur Verfügung stellen.
Da der Arbeitslohn nicht mehr Dreh- und Angelpunkt der Gesellschaft wäre, müsste mit dem Übergang zu einem Grundeinkommen das Steuersystem geändert werden. Ein durchaus gangbare Möglichkeit wäre das in der EU im Prinzip beschlossene, gegenüber heutigen Systemen Vorteile aufweisende besteuern der Finanztransaktionen.
Menschen die um ihre Existenz bangen und chancenlos sind, mit einer die Lebenskosten abdeckenden Beschäftigung ihre Situation zu verbessern, sind unzufrieden und sind bereit mit Gewalt bis hin zum Bürgerkrieg eine für sie bessere Lebenssituation herbeizuführen. Beugen wir diesen negativen Entwicklungen mit Pilotprojekten vor, um mittelfristig erfolgreich in einen vorbildlichen Sozialstaat einzutreten.