Rauchen

Die Initiative „Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung“ verlangt einen besseren Schutz der heranwachsenden Jugend vor der aggressiven Werbung der Tabakindustrie. Die geltende Schweizer Gesetzgebung zählt im internationalen Vergleich

zu den Ländern mit dem schwächsten Gesundheitsschutz. Bei Annahme der Initiative ist die Tabakwerbung nur noch in Bereichen zulässig, bei denen Jugendliche keinen Zugang haben. Die Schweiz schränkt Tabakwerbung gegenwärtig viel weniger stark ein als die meisten Länder Europas. Beispielsweise ist in allen EU-Mitgliedstaaten die Tabakwerbung in der Presse und das Sponsoring von Veranstaltungen mit grenzüberschreitender Wirkung verboten.


Im Oktober 2018 verabschiedete die WHO in Genf einen Aktionsplan zur Eindämmung des Tabakkonsums. Die Schweiz hat, als eines der letzten Länder, die Ratifizierung noch nicht vollzogen. Bundesrat, National- und Ständeräte sind sich der Schädlichkeit der Tabakprodukte sowie der Suchtwirkung durch den Konsum von Nikotin bewusst, beteuern, das Wohl und die Gesundheit der Menschen stehe im Vordergrund, lehnen aber die Initiative ab und schlagen dem Stimmvolk eine kaum Verbesserung bringende Gesetzesänderung vor.

Es erstaunt, dass unsere Landesregierung dem Schutz eines, zirka 11'500 Arbeitsplätze umfassenden, völlig nebensächlichen Wirtschaftszweig höhere Bedeutung beimisst, als der Gesundheit kommender Generationen. Mit der Initiative wird bezweckt, die Anzahl der 100'000 Jugendlichen, die im Jugendalter dem Rauchen verfallen, zu reduzieren. Etwa die Hälfte der heutigen Raucherinnen und Raucher haben vor dem 18. Altersjahr täglich geraucht. Weniger als hundert Arbeitsplätze würden durch diese Massnahme gefährdet, sind doch lediglich 5 Prozent der zwei Millionen Rauchern in der Schweiz durch das Werbeverbot betroffen.

Tabakkonsum ist nachweislich das grösste Risiko für viele chronische, nicht übertragbare Krankheiten wie Krebs-, Atem weg- oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen – Krankheiten, die durch Verringerung des Konsums vermeidbar sind! Dass die Landesregierung die Erhaltung von hundert Arbeitsplätzen wichtiger einschätzt, als die Folgen des Rauchens mit jährlich 9500 Todesfällen, dem Leid der Betroffenen und ihrer Angehörigen sowie 5 Milliarden Franken Kosten für medizinische Behandlungen und Arbeitsausfälle, ist nicht nachvollziehbar.

Der Initiative ist wuchtig zuzustimmen. Die hundert Personen, deren Arbeitsplätze gefährdet sind, werden bei den gegenwärtig über 200'000 offenen Stellen in Kürze einen lukrativeren und sichereren Arbeitsplatz finden. 11'500 Beschäftigte lassen auf Unternehmens-Gewinnsteuern von 10 bis 20 MioFr  schliessen. Darauf möchten National- und Ständeräte nicht verzichten, empfehlen aber, in der gleichentags zur Abstimmung gelangenden Stempelsteuervorlage, 250 MioFr  Steuereinnahmen preiszugeben. Beim Vergleich dieser Zahlen vermag selbst die Drohung, der Tabakindustrie, die Unternehmen ins Ausland zu verlagern, nicht zu überzeugen. Dies umso mehr, als bei Annahme der Initiative im Ausland noch immer strengere Beschränkungen vorherrschen. Dass sich die eidgenössischen Räte bei dieser Sachlage hartnäckig hinter die Forderungen der Wirtschaft und gegen die Gesundheit der Bevölkerung und die internationalen Standards stellt, wirft ein beschämendes Bild auf die Volksvertreter.


Sollten die Räte und das Stimmvolk die Tabakindustrie weiterhin wohlwollend unterstützen und die Tabakkonsum-Bestrebungen des Auslands missachten, dürfte über kurz oder lang ein Sturm der Entrüstung auf die Schweiz zurollen. Als wichtigster Produzent von Tabak-Suchtmitteln zu gelten und sich gegen die Interessen anderer Länder zu stellen, da dürften Klagen wegen Gesundheitsschäden nicht lange auf sich warten lassen. Die Zeit, als die Schweiz als Steuersparsünder in Verruf geriet, sind noch in lebhafter Erinnerung.

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