Hochspannungsanlage

Die Schweizer Energieversorgung war durch die Vielzahl beteiligter wirtschaftlicher, politischer und internationaler Institutionen schon bisher äusserst komplex und erreicht nun, mit der angestrebten Energiewende, sowohl technisch als auch politisch und unternehmerisch einen kaum mehr handhabbaren Komplexitätsgrad.

Vor diesem Hintergrund Parlamentarier und mit der Volksabstimmung jetzt auch die Stimmbürger über die zu treffenden Massnahmen zu fragen veranschaulicht einmal mehr die Grenzen der Demokratie. Kaum ein Stimmbürger wird die 100 Gesetzesartikel überblicken und erkennen können, ob sie für die Zukunft des Landes mehr Nutzen oder mehr Schaden bringen. Im Endeffekt wird für das Abstimmungsergebnis ausschlaggebend sein, ob die Gegner oder die Befürworter die Ängste der Stimmbürger vor den bevorstehenden Veränderungen entscheidender ins Spiel bringen können. Bei den immer häufiger auftretenden, komplexen Themen ist nicht die sachliche Beurteilung, sondern sind die Emotionen ausschlaggebend und führen zu unliebsamen Situationen in der politischen Landschaft. Ob derartige Abstimmungen einer Demokratie dienen, ist ernsthaft zu hinterfragen und sind Verbesserungen anzustreben.


Zweckdienlich im vorliegenden Fall wäre eine Entflechtung der vielen Akteure, diese klar zu benennen und auf gesetzlichem Weg Zielvorgaben und Aufgaben zuzuweisen. Als Musterbeispiel sei das Jahrhundertprojekt „NEAT / Alpentransversale mit dem Gotthard Basistunnel“ genannt, das im Jahre 1992 mit lediglich 22 Gesetzesartikeln umschrieben war und damit über 60 % Zustimmung erlangte.
Wir brauchen eine Regierung mit Führungsqualitäten und keine JEKAMI Verbauung und Verschandelung unserer Landschaft. Der Energiewandel erfordert eine Focusierung und Spezialisierung aller Partner im System, ähnlich wie es im Spitalwesen notwendig ist. Zu den Beteiligten gehören vor allem auch die Kantone und Städte. Heute wirken diese, von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, über regionale Netze und Beteiligungen an Kraftwerken mit.


Die Herausforderungen der Energiewende sind:

  • Der Handel zwischen Produktion und Verbrauch ist, auch bedingt durch die internationale Verflechtung, kompliziert. 
  • Wetterbedingt ist das Produktionsvolumen der erneuerbaren Energie äusserst schwankend (Niederschläge, Wind, Sonneneinstrahlung, lange Dürrephasen). 
  • Ebenso wetterbedingt schwankt der zeitliche Verbrauch stark (Temperatursprünge, lange Kältephase).
  • Sehr viele kleine Energieerzeuger – private Photovoltaikanlagen – produzieren zeit- und witterungsabhängig Strom.
  • Der länderübergreifende Energieaustausch ist unberechenbar.
  • Wie sich der internationale Energiemarkt entwickeln wird, ist unabsehbar. Wird Frankreich zukünftig grosse Mengen preisgünstigen Atomstrom anbieten? Wird auf dem Weltmarkt zukünftig preisgünstig grüner Wasserstoff angeboten?
  • In welchem Mass wird sich die E-Mobilität entwickeln? Welche Bedeutung wird der grüne Wasserstoff in der Mobilität erlangen?
  • Wie verläuft die Entwicklung zukünftiger Akkus? 
  • Kann/soll die Schweiz zukünftig mit einem neuen Wirtschaftszweig elektrische Energie exportieren?

Daraus geht hervor: Die zukünftige Entwicklung auf dem Energiesektor ist äusserst diffus. Eine langfristige, verlässliche Planung ist praktisch unmöglich und erfordert eine ausserordentlich hohe Flexibilität. Eine Flexibilität, die nicht gegeben ist, wenn politische Prozesse und Gesetze bestimmend sind. Es erscheint wenig sinnvoll, grosse Kraftwerke zu bauen, die in zwanzig Jahren eine theoretisch ermittelte Spitzenlast abdecken sollen. Mit grösster Wahrscheinlichkeit werden diese zu gross oder zu klein sein. Es stellt sich zudem die Frage: Wie geht die Schweizer Energiewirtschaft damit um, wenn der im Inland produzierte Strom erheblich teurer zu stehen kommt als der auf dem europäischen Markt angebotene Atomstrom und/oder grüner Wasserstoff?


Die gewaltigen, durch die Launen des Klimas bedingten Schwankungen bei der Gewinnung erneuerbaren Energie ist die Kernherausforderung bei der Neuausrichtung der Stromversorgung. Die Frage, woher der Strom bei fehlender erneuerbaren Energie kommt, wird die Energiewirtschaft beantworten müssen.

Solarenergie

Quelle: Frauenhofer-Gesellschaft

 

Quelle: Frauenhofer-Gesellschaft



Bei den enormen Schwankungen beim Energiebedarf, aber auch bei den nicht beeinflussbaren Wind- und Photovoltaik-Kraftwerken sind dezentrale Energiespeicher die entscheidenden Komponenten der Energieversorgung. In der Grösse der jeweiligen Situation angepasste, dort stationiert, wo die Energie benötigt wird, können diese immer dann nachgeladen werden, wenn billige Überschussenergie zur Verfügung steht. Die Ladung kann elektronisch kontrolliert erfolgen, sodass die Übertragungsnetze nicht auf die Spitzenlast ausgebaut werden müssen. Auch lässt sich die Kapazität bei zusätzlichem Bedarf schnell ohne negative Auswirkungen auf die Umwelt realisieren. Ohne Energiespeicher werden die Schwankungen im Netz nicht zu meistern sein. Es sei denn, das Netz wird mit Abschalteinrichtungen versehen, die bei Überlast, nach gesetzlichen Regeln, den Verbrauch kontrollieren und steuern. Ein derart kontrolliertes Stromnetz ist nicht nur sehr aufwendig, es stellt sich auch die Frage, nach welchen Kriterien Abschaltungen vorgenommen werden, wer legt solche Regeln fest und was sind die Folgen.


Bei der erheblichen Bedeutung der Energiespeicher ist es unverständlich, dass diese Komponente, bei der es um die zukünftige Energieversorgung des Landes geht, in der Abstimmungsvorlage praktisch nicht erwähnt ist. Sind doch elektrische Energiespeicher auch zwingend erforderlich, um die Produktionsschwankungen der vielen kleinen Energieerzeuger mit der nötigen Dynamik auszugleichen.


Als Hauptziel der Abstimmungsvorlage ist die Sicherstellung der Stromversorgung in kalten Monaten durch im Land produzierte Energie genannt. Laut Statistik produziert die Schweiz in zwölf Monaten mehr Strom, als sie selber braucht, und exportiert den Überschuss. Die gewünschten Ziele wären demnach grösstenteils mit Energiespeichern lösbar. Die überschüssige Sommerenergie könnte gespeichert und im Winter dem Verbrauch zugeführt werden. Gewiss, die Speichertechnik ist heute noch nicht in allen Teilen ausgereift. Aber wenn Bund und Energiewirtschaft langfristig auf alter Technik verharren, kann nicht von einer Energiewende gesprochen werden. Sind doch schon heute Stromspeicher im Betrieb, die bei fehlender Sonneneinstrahlung auf Photovoltaikanlagen mit 1400 MWh 47'000 Haushalte versorgen.


Inwieweit mit Steuergeldern der Energieumbau vollzogen wird, wird den Stimmbürgern ebenso vorenthalten wie eine Prognose, welche Endverbraucherpreise für Wirtschaft und Privatkonsum mit der angestrebten, landesinternen Energieversorgung angestrebt werden. Dass innerhalb der EU die Strompreise ausserordentlich hoch sind (Niederlande 47,5 ct/kWh, Ungarn 11,6 ct/kWh / 2023) dürfte zum Nachdenken anregen. Alles in allem, kann der Landesregierung mit dieser Vorlage kein gutes Zeugnis ausgestellt werden, lässt sich doch, egal ob die Abstimmungsvorlage angenommen oder abgelehnt wird, kaum abschätzen, wie sich die Schweizer Energieversorgung im Jahre 2035, insbesondere im finanziellen Bereich, präsentieren wird.

 

Suche

Das dürfte Sie auch interessieren

Facebook

@SchweizEinWunderbaresLand

@DemMainstreamEntwischt